Finanzierung und Mieten
Bei der Finanzierung von Ärztehäusern ist zunächst zu unterscheiden, ob es ein Betreibermodell sein soll (ein oder mehrere Nutzer sind Eigentümer) oder ein Investitionsmodell (ein Dritter ist Eigentümer). Bei Letzterem differenziert man das Entwicklermodell (wollen weiter verkaufen) oder das Dauerinvestment (halten die Immobilie mittel- bis langfristig).
Letztlich ist die Finanzierung eine Frage des Eigenkapitals, das zu stellen ist. Als Faustformel für realisierungsfähige Projekte kann gelten:
Eine Vorvermietungsquote unter 50 % ist nicht zu empfehlen, denn das Risiko längeren Leerstands für die Spezialimmobilie „Ärztehaus“ ist dann zu groß. Ein Eigenkapital von unter 25 % löst in der Regel bei dem Finanzier das Bedürfnis nach Zusatzsicherheiten aus, was sich mehr aus den Beleihungswertvorschriften als aus der Solidität des Investments ableitet.
Als Nettoanfangsrendite hat sich in den letzten Jahren ein Prozentsatz von ca. 4,5 % heraus kristallisiert, der jedoch im Hinblick auf die Entwicklung von alternativen Kapitalanlagemöglichkeiten und des Immobilienmarktes insgesamt volatil ist. Zudem ist eine Bewertungsdifferenzierung notwendig, um divergierende Qualitätsmerkmale (Lage, technische Ausstattung, Drittverwendungsmöglichkeiten, Leerstandsrate, Mietvertragsqualitäten und vieles mehr) in der Rendite als Reflexion von Investmentrisiken (oder –chancen) abbilden zu können. Mit einer Bandbreite von +/- 2% der Rendite dürfte jedoch der überwiegende Teil von Ärztehäusern zu erfassen sein. Infolge des Nachfragedrucks nach Investitionsobjekten sind die Kaufpreise von Ärztehäusern erheblich gestiegen. In absoluten Spitzenlagen erreichen neue oder neuwertige Objekte heute schon Mal das 28-fache der Jahresmiete! Im Zuge der Steigerung von Baukosten und Zinsen sowie dem Rückgang der Vervielfältiger bei Immobilieninvestments für andere gewerbliche Immobilien sind auch die Kaufpreise für Ärztehäuser unter Druck geraten. Die Schere zwischen höheren Erstellungskosten und verminderter Kaufpreise trifft also auch dieses Segment, obwohl sich Ärztehäuser als besonders resistent gegen die Krisen der letzten Jahre erwiesen haben.
Die Mieten ergeben sich rechnerisch aus den Investmentkosten, dem Umfang und den Konditionen des Fremdkapitals und schließlich der erwarteten Rendite auf das Eigenkapital. Steuerliche Aspekte sollten zunächst außer Betracht bleiben, denn sie sind erstens individuell und zweitens von Jahr zu Jahr unterschiedlich. Faktisch wird die Realisierung eines Ärztehausprojektes nicht nur daran gekoppelt, ob eine hinreichende Zahl von Nutzern oder Mietinteressenten vorhanden ist, sondern ob die rechnerisch „notwendige“ Durchschnittsmiete mit den marktüblichen Mieten für gewerbliche Immobilien (z.B. Büros) im Neubau und Bestand korrespondiert. Es ist evident, dass in strukturschwachen Regionen (mit niedrigem Mietniveau) hier nicht nur argumentativ deutlich höhere Hürden zu überwinden sind als in Ballungsräumen.
Die Mieten innerhalb eines Ärztehauses sind ebenfalls zu differenzieren, denn die unterschiedlichen Nutzungsarten können im Hinblick auf ihre betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten auch in der Miethöhe different behandelt werden. Die Größe einer Mieteinheit, ihre technische Ausstattung, der Zeitpunkt des Mietvertragsabschluss und schließlich deren Bedeutung für den erfolgreichen Betrieb des gesamten Ensembles lassen eine heterogene Mietstruktur sinnvoll erscheinen.
Eines aber sollte klar sein: Ein Neubau wird immer höhere Mieten (pro m²) erfordern als ältere Mietflächen in Bestandsgebäuden. Der Mietvergleich von neuen Gebäuden zu älteren Immobilien hinkt eben erheblich, denn es werden Objekte verglichen, die vermutlich signifikante Qualitätsunterschiede aufweisen.